Interview von François Roubaty
„In einer Krise verlässt man sich auf das Personal des öffentlichen Dienstes“
François Roubaty ist seit 20 Jahren Unterhaltselektriker beim Kanton Freiburg und setzt sich schon seit Anfang seiner Berufslaufbahn für die Verteidigung der Rechte der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein. Er war Präsident der Vereinigung der für die Nationalstrassen zuständigen Strassenunterhaltspoliere. Während 15 Jahren sass er zudem für die SP im Grossen Rat.
Wie haben Sie die Arbeit im öffentlichen Dienst während der Corona-Krise erlebt ?
Die Angestellten im Bereich Nationalstrassen – um den Bereich zu nehmen, den ich gut kenne – haben wie vor der Krise weitergearbeitet. Das war der Fall bei vielen Mitarbeitenden des öffentlichen Dienstes: Sie mussten während der Krise weiterarbeiten, um für die Bevölkerung notwendige Aufgaben wahrzunehmen.
Ich denke, dass die Pandemie das Leben aller Angestellten im öffentlichen Dienst erschwert hat. Die Unsicherheit hat zu viel Stress geführt und trotzdem musste man sich weiterhin ohne Einschränkung einsetzen – sogar wenn man wusste, dass man mit infizierten Personen in Kontakt kommen könnte. Das konnte ich auch bei meiner Tochter feststellen, die in Spitälern arbeitet. Die Angestellten des öffentlichen Dienstes standen unter grossem Druck. Sie mussten trotz allem ihre Pflichten wahrnehmen und mit gutem Beispiel vorangehen, indem sie sich sehr genau an alle Sicherheitsregeln hielten. Man darf die Anspannung, unter denen diese Leute auf dem Höhepunkt der Krise standen, keinesfalls unterschätzen.
Sie verfügen über langjährige Erfahrung im öffentlichen Dienst. Was ist Ihr Eindruck: Wie wurde die Arbeit des Staatspersonals während der Krise von der Bevölkerung wahrgenommen ?
Ich weiss nicht, ob die Bevölkerung heute eine positivere Wahrnehmung hat, aber ich glaube, dass jede und jeder sich bewusst geworden ist, dass wir einen starken Service public brauchen und dass in unserem Land sehr viele Menschen im Dienst der anderen tätig sind. Die Kantonsangestellten sind dafür ein ausgezeichnetes Beispiel. Bei einer Krise verlässt man sich auf sie, denn es braucht immer Menschen an der Front.
Wie stehen Sie zum Kompromiss, der für die Pensionskasse gefunden wurde ?
Ein Kompromiss nach unten ist nie ein gutes Übereinkommen, aber es ist immerhin ein Übereinkommen! Die Angestellten im Bereich Nationalstrassen haben in ihrer Versammlung gemeinsam für den vom Staatsrat unterbreiteten Kompromiss mit den von Anfang an von der FEDE verteidigten Verbesserungen gestimmt. Die betroffenen Mitarbeitenden sind für den Kompromiss, weil sie einfach nicht auf den Beitrag des Kantons zur Sanierung verzichten können.
Sie befinden sich in den Gehaltsklassen 8 und 9. Die Finanzierung, die der Staatsrat vorgeschlagen hat und über die das Volk abstimmen wird, ist absolut notwendig, damit die Angestellten nach dem Erreichen des Rentenalters anständig leben können. Sie können nicht auf diesen Beitrag verzichten und möchten nicht riskieren, dass die Reform abgelehnt wird.
Sollte sich die Freiburger Bevölkerung gegen die Vorlage des Staatsrats stellen, ist es sicher, dass sich die Bedingungen für ihre Pensionierung massiv verschlechtern. Das ist für Menschen, die ihr ganzes Leben lang anstrengende Arbeit im Dienst der Öffentlichkeit geleistet haben, nicht akzeptabel. Wenn man in einem solchen Beruf mit 65 pensioniert wird, ist man physisch erschöpft. Man verdient dann eine anständige Rente. Mit dem Vorschlag, den der Staatsrat dem Volk zur Abstimmung vorgelegt hat, ist ihre Rente gesichert.
Mit welchen Argumenten möchten Sie die Bevölkerung überzeugen ?
Eine Person, die ihr ganzes Leben lang gearbeitet hat, verdient eine angemessene Rente, mit der sie oder er die Ausgaben bezahlen und zwar vielleicht bescheidener, aber in Würde leben kann ! Ja, man muss davon angemessen leben können.
Ich würde sagen, dass die Angestellten die Garantie brauchen, dass sie regelmässig einen fixen Betrag erhalten, wenn sie das Rentenalter einmal erreicht haben. Das ist eine Motivation, dank der man Lebensfreude hat und weiter gerne arbeitet, nicht mehr und nicht weniger !